Erkrankungen der Schilddrüse

Die Schilddrüse des Menschen ist ein kleines Hormon-bildendes (endokrines) Organ. Die von der Schilddrüse produzierten Hormone sind lebensnotwendige Impulsgeber für den Stoffwechsel und die Organfunktionen von Erwachsenen sowie für die normale Entwicklung eines Neugeborenen. Erkrankungen der Schilddrüse wie eine Unter- oder Überfunktion der Hormondrüse, eine Entzündung, Vergrößerung (Struma) oder eine bösartige Entartung haben daher weitreichende Folgen mit ganz unterschiedlichen Beschwerden.

Schilddrüsenhormone: wichtige Impulsgeber

Die Schilddrüse befindet sich am Hals vor der Luftröhre unterhalb des Kehlkopfes. Ihre Form ist mit einem Schmetterling zu vergleichen. Normalerweise hat sie ein Volumen von 18-25 ml, wiegt etwa 20-30 g und ist sehr gut durchblutet.

Für die Produktion der Hormone in der Schilddrüse ist Jod ein elementarer Baustein, der nicht vom Körper produziert werden kann, sondern mit der Nahrung in ausreichender Menge aufgenommen werden muss. In einem Regelkreis mit der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) erkennt die gesunde Schilddrüse, welche Menge an Hormonen von ihr für den Organismus hergestellt werden muss. Wird dieses Zusammenspiel gestört, kommt es zu Erkrankungen der Schilddrüse.

Es gibt verschiedene Arten von Erkrankungen der Schilddrüse, die ganz verschiedene Ursachen haben und sich mit ganz unterschiedlichen Symptomen äußern:

Funktionsstörungen (Über- bzw. Unterfunktion)

Unterfunktion der Schilddrüse

Bei einer Unterfunktion produziert die Schilddrüse zu wenig Hormone. Ursache dafür ist meistens eine chronische Entzündung. Durch eine Blutuntersuchung kann eine Unterfunktion einfach diagnostiziert werden. Zur Behandlung können Betroffene Medikamente einnehmen, die die Schilddrüsenhormone ersetzen.

Überfunktion der Schilddrüse

Im Gegensatz dazu werden bei einer Überfunktion ungebremst zu viele Schilddrüsenhormone produziert. Am häufigsten geschieht dies bei einer sogenannten Schilddrüsen-Autonomie, wenn der Regelkreis mit der Hirnanhangsdrüse nicht funktioniert. Auch beim Morbus Basedow werden durch eine Störung des Immunsystems von Antikörpern vermehrt Schilddrüsenhormone produziert. In aller Regel kann mit Blutuntersuchung, Ultraschall und Szintigraphie eine Überfunktion genau diagnostiziert werden. Abhängig von den erhobenen Befunden kann eine Überfunktion der Schilddrüse mit Medikamenten, einer sogenannten Radiojod-Therapie oder einer Operation behandelt werden.

Entzündungen (Thyreoiditis)

Entzündungen der Schilddrüse werden in folgende Formen unterteilt:

  • Akute eitrige Thyreoiditis: durch Bakterien verursacht
  • Subakute Thyreoiditis de Quervain: durch Viren bedingt, langsamer Beginn und Verlauf
  • Chronische Hashimoto-Thyreoiditis: Autoimmunerkrankung, bei der der Körper Antikörper gegen seine eigene Schilddrüse bildet.

In den meisten Fällen ist die Behandlung mit Medikamenten, sofern überhaupt erforderlich, ausreichend. Zum Einsatz kommen hier vor allem Antibiotika, entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente. Wichtig ist eine Überprüfung der Funktionslage, also wie viele Schilddrüsen-Botenstoffe im Körper sind, da es im Verlauf von diesen Entzündungen sowohl zu Über- als auch Unterfunktionen kommen kann.

Vergrößerungen (Struma, Kropf)

Jede Vergrößerung der Schilddrüse wird als Struma oder Kropf bezeichnet. Die häufigste Ursache dafür ist der ernährungsbedingte Jodmangel. Vorbeugend sollte daher jodiertes Speisesalz verwendet werden. Anfangs betrifft die Vergrößerung die gesamte Schilddrüse (Struma diffusa), im weiteren Verlauf bilden sich knotige Areale (Struma nodosa). Um das weitere Wachstum und die zunehmende Knotenbildung zu verhindern, werden zunächst Kombinationspräparate aus Jodid und Schilddrüsenhormonen verabreicht.

Eine Operation wird erforderlich, wenn  

  • es trotz medikamentöser Therapie zu einem weiteren Wachstum der Schilddrüse kommt.
  • der Verdacht auf das Vorliegen von Schilddrüsenkrebs besteht.
  • durch die Größe der Schilddrüse lokale mechanische Beschwerden auftreten, wie eine Einengung von Blutgefäßen oder der Luftröhre.
  • Es zu einer Überfunktion kommt, die durch Medikamente nicht ausreichend behandelbar ist.
  • bei einem Morbus Basedow eine definitive Therapie erforderlich wird und gleichzeitig eine Vergrößerung der Schilddrüse vorliegt.
Maligne Entartung (Schilddrüsen-Krebs)

Eine bösartige Neubildung der Schilddrüse wird als Schilddrüsenkrebs bezeichnet, der in verschiedene Typen unterteilt wird. Die Behandlung besteht in den allermeisten Fällen in einer Kombination aus Operation (Entfernung der gesamten Schilddrüse) und anschließender Radiojodtherapie. In Deutschland werden pro Jahr etwa 8.000 Schilddrüsenkrebs-Erkrankungen pro Jahr neu diagnostiziert. Im Vergleich zu Krebserkrankungen in anderen Organen haben Patienten mit Schilddrüsenkrebs eine relativ gute Prognose.

Diagnose

Bei der Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen kommen neben der Erhebung der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung vor allem Blutuntersuchungen, Ultraschall und Szintigraphie zum Einsatz. In Ausnahmefällen können zusätzlich Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT) sowie eine Feinnadel-Punktion mit Untersuchung der Zellen unter dem Mikroskop eingesetzt werden.

Therapie

Bei der Behandlung von Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen arbeiten idealerweise Hausarzt, Nuklearmediziner, Endokrinologe und Chirurg in enger Absprache zusammen. Wenn eine medikamentöse Therapie und andere Maßnahmen nicht genügen, kommt häufig eine Operation in Frage. Ob und wann eine Operation ansteht, hängt ab von der Art der Erkrankung, den individuellen Befunden und von den Wünschen unserer Patient:innen selbst.

Vor der Operation

Wenn bei Patient:innen die Empfehlung zu einer Schilddrüsen-Operation ausgesprochen wird, stellen sie sich zunächst ambulant in unserer Schilddrüsen-Sprechstunde vor. Gemeinsam besprechen wir die erhobenen Befunde und die bestehenden Therapiemöglichkeiten mit ihren spezifischen, individuellen Vor- und Nachteilen. Dazu gehört es selbstverständlich auch, die Patient:innen ausführlich über  die Risiken einer Operation aufzuklären.

Wenn die Entscheidung für eine Operation getroffen wurde, werden die Termine für die notwendige Vorstellung beim Narkosearzt und für die Operation festgelegt. Vor und nach der Operation überprüft ein HNO-Arzt die Beweglichkeit der Stimmbänder und die Funktion der Stimmbandnerven.

Am Tag der Operation

Operationen an der Schilddrüse werden in Deutschland unter stationären Bedingungen in Vollnarkose durchgeführt. Die Ausdehnung der Operation orientiert sich an den vorhandenen Befunden. Am Tag der Operation werden die Patient:innen stationär aufgenommen. Die Operation dauert ungefähr zwei Stunden.

Allgemeine Risiken der Operation sind Nachblutungen und Wundinfektionen. Spezifische  Risiken betreffen vor allem den Stimmbandnerv und die Nebenschilddrüsen. Durch die Verwendung des sogenannten intraoperativen Neuromonitorings kann der Stimmbandnerv während der Operation eindeutig identifiziert und somit geschont werden.

Der Hautverschluss erfolgt mit Nahtmaterial, das sich im Laufe der Zeit auflöst und nicht gezogen werden muss. Drainagen werden in der Regel nicht eingelegt.

Nach der Operation

Bei unkompliziertem Verlauf werden die Patient:innen zwei Tage nach der Operation wieder nach Hause entlassen. Das entfernte Schilddrüsengewebe wird vom Pathologen untersucht. Gegebenenfalls ist eine erneute ambulante Vorstellung notwendig, um die Ergebnisse der pathologischen feingeweblichen Untersuchung zu besprechen. Nach Erhalt des pathologischen Befundes wird mit der sogenannten Substitutionsbehandlung begonnen, also mit der Therapie mit Schilddrüsenhormon-Präparaten, sofern dies erforderlich ist.

Nach Entfernung der gesamten Schilddrüse müssen lebenslang Schilddrüsenhormone in Tablettenform eingenommen werden. Die individuell erforderliche Dosierung kann anhand einer Blutuntersuchung festgelegt und sollte regelmäßig kontrolliert werden.